Volkskrankheit Sitzen: Welche Gefahren birgt der „Sedentary Lifestyle“?

Dauersitzen ist in unserer Gesellschaft längst zur Selbstverständlichkeit geworden: Vom Frühstückstisch ins Auto, vom Arbeitsplatz in die Kantine, zurück ins Auto und nach Feierabend aufs Sofa. Schon ab dem Tag der Einschulung nimmt das tägliche Sitzpensum stetig zu. Nicht nur auf der Arbeit und in der Schule, auch in unserer Freizeit sind sitzende Aktivitäten keine Seltenheit mehr. Ein Grund hierfür ist unter anderem die fortschreitende Digitalisierung, durch die sich die tägliche Bildschirmzeit erhöht – sei es vor dem Computer, dem Fernseher oder dem Smartphone.

 

Hand auf’s Herz – wie lange sitzt Du täglich?

Wenn Du Dir einmal bewusst vor Augen führst, wie lange Du am Tag sitzt, auf wie viele Stunden kommst Du dann? Laut dem DKV Report 2018 sitzen die Deutschen im Durchschnitt rund 7,5 Stunden am Tag, Tendenz steigend. Am längsten wird vor dem Fernseher und auf der Arbeit gesessen, aber auch während Freizeitaktivitäten oder auf Transportwegen. Besonders Menschen im Arbeitsalter zwischen 18 und 65 Jahren weisen eine auffällige Gesamtsitzzeit von bis zu mehr als 8,5 Stunden pro Tag auf!

Durch die lange, einseitige Belastung suchen sich Viele daher einen Ausgleich, wie zum Beispiel den abendlichen Sport. Eine kurze Trainingseinheit ist zwar besser als sich zur „Couch-Potato“ zu entwickeln, dennoch ist es unmöglich, so den Bewegungsmangel der letzten Stunden vollständig zu kompensieren.

Die durch das Dauersitzen verursachten körperlichen Folgen scheinen anfangs noch harmlos: Temporäre Rücken-, Nacken- und Schulterschmerzen lassen nach einem bewegungsreichen Wochenende meist wieder nach. Gerade in jungen Jahren treten die Beschwerden nur sporadisch auf und es wird ihnen nicht weiter Beachtung geschenkt. Aber was passiert, wenn sich das Sitzen zu einem regelrechten „Lebensstil“ entwickelt? Akute Symptome werden zu chronischen Beschwerden! Laut einer Online-Umfrage von Statista gaben im Jahr 2019 rund 13 Prozent der Deutschen an, unter täglichen Rückenschmerzen zu leiden.

 

„Sitzen ist das neue Rauchen“ – was ist dran an der Behauptung?

Fast jeder hat diesen Satz schon einmal gehört. Das Zitat stammt von dem Engländer Dr. James Levine, welcher in seinen Forschungen festgestellt hat, dass bis zu 33 chronische Erkrankungen einen Zusammenhang mit einem ausgeprägten Bewegungsmangel haben. Meist sind es jedoch nur die orthopädischen Beschwerden wie Rückenschmerzen, die man selbst auf das ständige Sitzen zurückführt. Dabei kann mangelnde Bewegung kombiniert mit einer falschen Sitzhaltung auch zu Übergewicht, Herz-Kreislauferkrankungen, Typ-2- Diabetes, Stoffwechselstörungen, Muskelschwund oder Blutstau führen. Langfristig steigt sogar das Risiko für Krebserkrankungen.

Neben physischen Beschwerden leidet auch die mentale Gesundheit unter dem anhaltenden Bewegungsmangel: Da das Gehirn weniger gut durchblutet wird, ist auf Dauer mit einer Konzentrationsschwäche zu rechnen. Dadurch können Lernprobleme entstehen, was vor allem Auswirkungen auf die persönliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen haben kann. Mittlerweile beweisen zahlreiche Studien, dass der sogenannte „Sedentary Lifestyle“ oder zu Deutsch „sitzender Lebensstil“ – ähnlich wie der Konsum von Zigaretten – die Lebenserwartung erheblich senkt.

Die genannten Gesundheitsrisiken (und noch viele mehr) können nachweislich auf das Dauersitzen zurückgeführt werden. Die Behauptung von Dr. James Levine ist daher auch heute noch brandaktuell.

 

Was kannst Du tun?

Das Zauberwort lautet: Bewegen! Aber keine Angst – zum Profisportler müssen Sie sich dafür nicht gleich entwickeln. Bereits mit einfachen Übungen und simplen Tricks ist es möglich, Bewegung in den Alltag zu integrieren. Das A und O ist hierbei der regelmäßige Haltungswechsel: Wechseln Sie vom Sitzen ins Stehen, gehen Sie eine Runde durchs Büro und wiederholen Sie diese Abfolge mehrmals. Legen Sie zudem Pausen ein, gehen Sie an die frische Luft und bevorzugen Sie die Treppe. Auch das „richtige Sitzen“ kann Abhilfe schaffen und das Gesundheitsrisiko senken.

 

Ein aktiver Lebensstil regt Kreislauf und Durchblutung an und steigert das allgemeine Wohlbefinden. Wer sich regelmäßig bewegt und im Alltag fit bleibt, arbeitet produktiver, ist konzentrierter und hat auf lange Sicht mehr Energie. Einer Sache sollten Sie sich jedoch bewusst sein: Ohne den integrierten Bewegungswechsel, insbesondere am Arbeitsplatz, bringen auch der beste Stuhl und die perfekte Sitzhaltung nichts.

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