Corona stellt unser Gesundheitssystem vor eine große Herausforderung - soweit ist die Information nicht neu. Doch auch Patienten, die gar nicht in direktem Zusammenhang mit Corona stehen, müssen sich umorientieren und anpassen. Dass dies absolut keine positive Entwicklung ist, zeigt der Trendreport des Zentralinstituts für kassenärztliche Versorgung.
Weniger Vorsorge, weniger Kontrollen
Seit Mitte März zeigt sich eine deutliche Veränderung im Verhalten der Menschen, was ihre Vorsorge angeht, aber auch, was die Kontrolle bereits durchgeführter Gesundheitsmaßnahmen angeht: Das Mammographie-Screening hat um 82% abgenommen (Ende März), das Hautkrebs-Screening um 71%. Auch die Kindergesundheitsuntersuchungen verzeichnen ein dickes Minus von knapp 55%. Die Herzschrittmacher-Kontrolle hat um 47% abgenommen.
Es gibt für diese Rückgänge viele Erklärungen, die eindeutigsten sind aber sicherlich zum einen die Angst der Menschen und zum anderen das Herunterfahren der Kontrolluntersuchungen und das Verschieben aller planbaren Operationen und Krankenhausaufenthalte. Praxen werden gemieden, Fachärzte und Notfallambulanzen nur noch im äußersten Notfall aufgesucht - selbst Schlaganfälle und Herzinfarkte verzeichnen deutlich geringere Fallzahlen. Aus Angst vor einer Ansteckung bleiben also sogar “echte” Notfälle in großen Mengen unentdeckt. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass sich seit März auch der Maßstab der Menschen verschoben hat, wenn es darum geht, was behandelt werden muss und was nicht. In der letzten Märzwoche erreichten ambulant versorgte Notfälle einen Rückgang von 29% und Hausarztbesuche nahmen um bis zu 33% ab.
Leere Wartezimmer = volle Telefonleitungen
Wer jetzt allerdings meint, die Ärzte hätten dadurch jetzt kaum noch Arbeit, der irrt: Die Umsetzung von Krankschreibungen und Rezepten per Telefon, sowie die Beratung per Videosprechstunde fordert die Praxen enorm, um zumindest eine Grundversorgung, ohne zusätzliche Ansteckungsgefahr, zu ermöglichen. Die Ärzte fordern eine Rückkehr zur Regelversorgung: Ein verschleppter Herzinfarkt oder ein zu spät entdeckter Tumor seien viel folgenreicher, mahnt beispielsweise der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen. vfa-Präsident Han Steutel schließt sich dem an: Die anfängliche Schockstarre dürfe kein Dauerzustand sein.
Wenn Alleinsein krank macht
Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung veröffentlichte einen Artikel zu einem weiteren Problem: Den gesundheitlichen Folgen der sozialen Isolation. Die Professorin für Sozial- und Gesundheitswissenschaften des Sport an der Universität Bayreuth, Prof. Dr. Susanne Tittlbach, ist vor allem der Langzeitfolgen wegen besorgt: Übergewicht ist schon lange ein gesellschaftliches Problem, doch gerade jetzt muss den Menschen klar gemacht werden, wie wichtig eine ausgewogene, gesunde Ernährung ist und dass jeder sich bewegen kann - und sollte! - egal, wie jung oder alt und egal wo, im Büro oder HomeOffice!
Sport sei zudem für viele Menschen eine Art soziale Beziehung: Man findet Trainingspartner im Fitnessstudio, Freunde im Vereinssport. All das fällt aktuell weg, auch die Integration und Inklusion gehen in der momentanen Situation verloren. Es gibt zwar viele Wege, sich auch Zuhause fit zu halten, aber die sozialen Beziehungen fehlen. Auch Leute, denen es gerade erst gelungen ist, regelmäßige Einheiten im Fitnessstudio in ihre Routinen einzubinden, werden Schwierigkeiten haben, dies nach Ende der Schließungen weiter umzusetzen. Soziale Beziehungen durch eine gemeinsame Fanbase (Zuschauer im Stadion oder beim Public Viewing) würden sich hingegen “hinterher” wieder leichter reaktivieren lassen.
Auch für depressive Menschen ist Corona eine bedrohliche Situation. Wer sowieso schon die Einsamkeit fürchtet und den Kopf voller Sorgen hat, der hat momentan durch die Einschränkungen große Probleme, seinen Alltag zu bewältigen. Das Gesundheitsmagazin Helios hat gemeinsam mit Experten Tipps zusammengestellt, die an Depressionen Erkrankten helfen können, mit dieser ungewöhnlichen Situation umzugehen. Grundsätzlich ist es hilfreich, seinen Alltag zu definieren, mit Freunden und Familie in Kontakt zu bleiben und Aktivitäten zu nutzen, welche erlaubt sind: Spaziergänge oder Joggen beispielsweise. Auch sollten zur Informationsbeschaffung seriöse Quellen herangezogen werden, um Sorgen und Angstgefühle durch Fakten abzuschwächen. Die Telefonseelsorge kann zusätzlich helfen: 0800/111 0 111.
Die Zwischenbilanz ist düster, aber nicht hoffnungslos
Wir sehen also deutlich, dass Corona vor allem Erkrankte, Risikogruppen und das Gesundheitssystem vor eine große Herausforderung stellt. Aber auch für den “gesunden Durchschnittsbürger” birgt die Krise die Gefahr, den gesunden Lebensstil schleifen zu lassen und Kontakte zu verlieren. Das Fehlen von Sport und sozialen Kontakten ist für alle schwierig zu kompensieren, wer grundsätzlich jedoch gut vernetzt ist, der kommt auch jetzt leichter durch diese Zeit.
Wir alle können dem Abrutschen in ungesunde Gewohnheiten jedoch vorbeugen: Mit dem richtigen Maß an Freizeitaktivitäten (sofern erlaubt) und einer strukturierten Umsetzung von cleveren Fitnesshelfern im zuhause und im HomeOffice beispielsweise! Wir haben zahlreiche Beispiele über Menschen, die während des ersten Corona-Lockdowns sich sogar fitter fühlen als vor der Krise. Unsere Artikel zum ActiveOffice finden Sie hier www.mein-gesundes-buero.de. Sicherlich auch eine hilfreiche Unterstützung sollte demnächst nochmals ein vollständiger Lockdown erfolgen...
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